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Bei der Vier-Mächte Konferenz in Moskau im Oktober 1943 erklärten die Alliierten den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich vom 13. März für null und nichtig. Sie drückten den Wunsch nach Herstellung eines freien und unabhängigen Österreich aus. In Anbetracht der Teilnahme Österreichs am Krieg auf Seiten des Deutschen Reiches verlangten die Alliierten jedoch einen eigenen Beitrag Österreichs zu seiner Befreiung.

Die Moskauer Deklaration über Österreich vom 30. Oktober 1943 im Wortlaut: "The Government of the United Kingdom, the Soviet Union and the United States of America are agreed that Austria, the first free country to fall victim to Hitlerite aggression, shall be liberated from German domination. They regard the annexation imposed upon Austria by Germany on March 15, 1938 as null and void. They consider themselves in no way bound by any changes effected in Austria since that date. They declare that they wish to see reestablished a free and independant Austria, and thereby to open the way for the Austrian people themselves, to find that political and economic security which is the only basis for lasting peace.
Austria is reminded, however, that she has a responsibility which she cannot evade for participation in the war on the side of Hitlerite Germany, and that in the final settlement account will inevitably be taken of her own contribution to her liberation."

Quelle: zis.uibk.ac.at/

Abkommen über die Alliierte Kontrolle in Oesterreich vom 4. Juli 1945 [Erstes Kontrollabkommen]


Die Regierungen des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Provisorischen Regierung der Französischen Republik haben
Im Hinblick auf die am 1. November 1943 im Namen der Regierungen des Vereinigten Königreiches, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in Moskau veröffentlichten Erklärung, mit welcher diese drei Regierungen mitgeteilt haben, daß sie bezüglich der Notwendigkeit, Oesterreich von der deutschen Herrschaft zu befreien, übereingekommen waren und daß sie die Wiedererstehung eines freien und unabhängigen Oesterreich wünschten;
Im Hinblick auf die später vom Französischen Nationalen Befreiungskomitee in Algier am 16. November 1943 abgegebene Erklärung, betreffend die Unabhängigkeit Oesterreichs;
Folgendes Abkommen geschlossen, betreffend das Alliierte Kontrollsystem, das in Oesterreich bis zur Errichtung einer frei gewählten, von den vier Mächten anerkannten oesterreichischen Regierung funktionieren wird:

Artikel 1.
Das Alliierte Kontrollsystem in Oesterreich besteht aus einem Alliierten Rat, einem Exekutiv-Komitee und ihren von den vier beteiligten Regierungen ernannten Stäben, eine Organisation, die in ihrer Gesamtheit als "Alliierte Kommission für Oesterreich" bezeichnet wird.

Artikel 2.
a) Der Alliierte Rat setzt sich aus vier, jeweils von jeder der beteiligten Regierungen ernannten militärischen Kommissaren zusammen. Außer ihren Funktionen als Mitglieder des Alliierten Rates haben die militärischen Kommissare, jeder für sich, das Oberkommando der von ihrer betreffenden Regierung zur Verfügung gestellten Besatzungsstreitkräfte in Oesterreich.
Die oberste Gewalt in Oesterreich wird für die Fragen, die Oesterreich in seiner Gesamtheit betreffen, von den militärischen Kommissaren in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des Alliierten Rates gemäß den von ihren entsprechenden Regierungen erhaltenen Weisungen ausgeübt. Mit diesem Vorbehalt übt jeder militärische Kommissar als Oberstkommandierender der von seiner Regierung zur Verfügung gestellten Besatzungsstreitkräfte die höchste Gewalt in der von diesen Streitkräften besetzten Zone aus. Jeder Oberstkommandierende hat in seiner Besatzungszone Vertreter der Land-, See- und Luftstreitkräfte der anderen Oberstkommandierenden der Besatzungstruppen in Oesterreich zu Verbindungszwecken neben sich.
b) Der Alliierte Rat tritt wenigstens einmal innerhalb von zehn Tagen zusammen; außerdem tritt er auf Verlangen eines seiner Mitglieder zu jedem Zeitpunkt zusammen. Die Beschlüsse des Rates werden einstimmig gefaßt. Der Vorsitz des Alliierten Rates wird turnusweise von jedem der vier Mitglieder ausgeübt.
c) Jeder militärische Kommissar wird von einem politischen Berater unterstützt, der an den Sitzungen des Rates jedesmal, wenn es notwendig ist, teilnimmt.

Artikel 3.
Das Exekutiv-Komitee besteht aus einem einen hohen Dienstrang bekleidenden Vertreter jedes der vier Kommissare. Die Mitglieder des Exekutiv-Komitees nehmen an den Sitzungen des Alliierten Rates teil, wenn dies notwendig ist.

Artikel 4.
a) Die von den betreffenden staatlichen Stellen ernannten Stäbe der Alliierten Kommission in Wien gliedern sich in folgendermaßen bezeichnete Abteilungen ("Divisionen"):
Militärische Angelegenheiten; Marine-Angelegenheiten; Luftfahrt-Angelegenheiten; Wirtschaft; Finanzwesen; Reparationen; Uebergaben und Wiedergutmachungen; Inneres; Arbeit; Rechtsfragen; Kriegsgefangene und Versetzte Personen; Politik; und Transport.
In der Zahl und in den Befugnissen der Abteilungen können auf Grund der Erfahrungen Aenderungen vorgenommen werden.
b) An der Spitze jeder Abteilung stehen vier Funktionäre, einer von jeder Macht. Die Leiter der Abteilungen nehmen an den Sitzungen des Exekutiv-Komitees teil, deren Tagesordnung Angelegenheiten umfaßt, welche die Arbeit ihrer Abteilungen berührt.
c) Die Stäbe der Abteilungen können Zivil- sowie Militär-Personen umfassen. Desgleichen können sie in besonderen Fällen persönlich ernannte Staatsangehörige anderer Vereinter Nationen umfassen.

Artikel 5.
Der Alliierte Rat:
a) Setzt auf Grund der Weisungen, die jeder Kommissar von seiner Regierung erhält, die Pläne hinsichtlich der wichtigsten, militärischen, politischen, wirtschaftlichen und anderen Fragen fest, die Oesterreich in seiner Gesamtheit betreffen und faßt hierüber Beschlüsse;
b) Gewährleistet eine angemessene Einheitlichkeit des Vorgehens in den Besatzungszonen.

Artikel 6.
Das im Namen des Alliierten Rates handelnde Exekutiv-Komitee:
a) Gewährleistet die Durchführung der Beschlüsse des Alliierten Rates mittels der betreffenden Abteilungen der Alliierten Kommission, die in Artikel 4 angeführt sind;
b) Koordiniert die Tätigkeit der Abteilungen der Alliierten Kommission, prüft alle Fragen, die ihm vom Alliierten Rat überwiesen werden, und bereitet deren Lösung vor.

Artikel 7.
Die Abteilungen der Alliierten Kommission:
a) Erstatten dem Alliierten Rat und dem Exekutiv-Komitee Gutachten.
b) Führen die Beschlüsse des Alliierten Rates durch, die ihnen vom Exekutiv-Komitee überwiesen werden.

Artikel 8.
Die vornehmlichsten Aufgaben der Alliierten Kommission für Oesterreich sind:
a) Die Einhaltung der Bedingungen der Erklärung über die Niederlage Deutschlands, die am 5. Juni 1945 in Berlin unterzeichnet wurde, in Oesterreich zu sichern;
b) Die Trennung Oesterreichs von Deutschland zu verwirklichen;
c) So bald als möglich eine oesterreichische Zentralverwaltung zu errichten;
d) Die Errichtung einer frei gewählten österreichischen Regierung vorzubereiten;
e) In der Zwischenzeit die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um die Verwaltung Oesterreichs in hinreichender Weise sicherzustellen.

Artikel 9.
Während des Zeitraumes vor der Errichtung der Aemter einer österreichischen Zentralverwaltung, der so kurz als möglich sein soll, wird die Durchführung der Beschlüsse der Alliierten Kommission, soweit sie ein Vorgehen in den verschiedenen Zonen erfordern, von den Besatzungsbehörden durchgeführt. Jeder militärische Kommissar gibt in seiner Eigenschaft als Oberstkommandierender auf Grund der Beschlüsse des Alliierten Rates diesen Behörden die notwendigen Weisungen.

Artikel 10.
Sobald die Aemter einer österreichischen Zentralverwaltung in der Lage sind, in hinreichender Weise tätig zu werden, wird ihnen die Ausübung ihrer jeweiligen Funktionen hinsichtlich der Gesamtheit Oesterreichs übertragen; die Alliierte Kommission wird in der Folge ihre Aufgaben mittels dieser Aemter erfüllen. Es steht dann den Abteilungen der Alliierten Kommission zu, die Tätigkeit der verschiedenen Aemter zu überwachen und ihnen die Beschlüsse des Alliierten Rates und des Exekutiv-Komitees zu übermitteln.

Artikel 11.
a) Es wird eine Alliierte Kommandantur (Komendatura) errichtet, die aus vier von ihren betreffenden Kommissaren ernannten Kommandanten, einem für jede Macht, besteht, um die Verwaltung der Stadt Wien gemeinsam zu leiten. Jeder der Kommandanten hat in seiner Eigenschaft als Oberstkommandierender turnusweise den Vorsitz in diesem Organ.
b) Ein fachlicher Stab, der Angehörige jeder der vier Mächte umfaßt, wird unter die Autorität der Alliierten Kommandantur gestellt und zur Ueberwachung und Kontrolle der Tätigkeit der Organe der Stadt Wien eingerichtet, die die Gemeindedienste wahrzunehmen haben.
c) Die Alliierte Kommandantur wird unter der allgemeinen Leitung des Alliierten Rates tätig und erhält Weisungen im Wege des Exekutiv-Komitees.

Artikel 12.
Die notwendige Verbindung mit den Regierungen der anderen vornehmlich interessierten Vereinten Nationen wird durch Militär-Missionen sichergestellt, welche diese Regierungen beim Alliierten Rat errichten (und die auch zivile Mitglieder umfassen können).

Artikel 13.
Die Organisationen der Vereinten Nationen, die der Alliierte Rat zu einer Tätigkeit in Oesterreich ermächtigen kann, werden, was ihre Tätigkeit in diesem Lande anlangt, der Alliierten Kommission unterstellt und sind ihr verantwortlich.

Artikel 14.
Ein eigenes Abkommen zwischen den vier Mächten setzt die Art und den Umfang der Weisungen und Ratschläge fest, welche die Alliierten Oesterreich nach der Errichtung einer frei gewählten und von den vier Mächten anerkannten österreichischen Regierung geben müssen.
Lancaster House, London S. W. 1, am 4. Juli 1945.
Der Vertreter der Regierung der Vereinigten Staaten in der Europäischen Beratungskommission:
John G. Winant
Der Vertreter der Regierung des Vereinigten Königreiches in der Europäischen Beratungskommission:
Ronald I. Campbell
Der Vertreter der Provisorischen Regierung der Französischen Republik in der Europäischen Beratungskommission:
R. Massigli
Der Vertreter der Regierung der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken in der Europäischen Beratungskommission:
F. Gusew
Zit. n. Die internationale Stellung Österreichs. Eine Sammlung von Erklärungen und Verträgen aus den Jahren 1938 bis 1947, hrsg. v. Stephan Verosta, Wien 1947, S. 66-71.

Quelle: zeit1.uibk.ac.at/quellen/eistere2.htm

Abkommen zwischen den Regierungen des Vereinigten Königreiches, der Vereinigten Staaten von Amerika, der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken und der Französischen Republik über den Kontrollapparat in Österreich [Zweites Kontrollabkommen]


Die Regierungen des Vereinigten Königreiches von Großbritannien und Nordirland, der Vereinigten Staaten von Amerika, der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken und der Französischen Republik (im folgenden die "Vier Mächte" genannt):
Im Hinblick auf die Erklärung, die am 1. November 1943 in Moskau im Namen der Regierungen des Vereinigten Königreiches, der Vereinigten Staaten von Amerika und der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken abgegeben wurde, durch welche die drei Regierungen ihrer Zustimmung Ausdruck gaben, daß Österreich von deutscher Herrschaft befreit werden sollte, und erklärten, daß sie die Wiedererstehung eines freien und unabhängigen Österreichs wünschten, und im Hinblick auf die später erfolgte Erklärung von Algier vom 16. November 1943 des Französischen Nationalen Befreiungskomitees über die Unabhängigkeit Österreichs;
Im Hinblick auf die Errichtung einer von den Vier Mächten anerkannten österreichischen Regierung als Ergebnis der am 25. November 1945 abgehaltenen freien Wahlen, unter Berücksichtigung der Notwendigkeit, Art und Machtbereich der österreichischen Regierung sowie die Funktionen der alliierten Behörden und Streitkräfte in Österreich neu zu bestimmen und um somit Artikel 14 des Übereinkommens, das vom Beratenden Ausschuß für Europäische Angelegenheiten am 4. Juli 1945 unterzeichnet wurde, zu verwirklichen;
haben folgendes vereinbart:

Artikel 1.
Die Autorität der österreichischen Regierung erstreckt sich uneingeschränkt über ganz Österreich, mit Ausnahme folgender Vorbehalte:
a) die österreichische Regierung und alle untergeordneten österreichischen Behörden haben die Anweisungen, die sie von der Alliierten Kommission empfangen, auszuführen.
b) Bezüglich der im nachfolgenden Artikel 5 aufgezählten Angelegenheiten kann weder die österreichische Regierung noch irgendeine untergeordnete österreichische Behörde ohne vorherige schriftliche Zustimmung der Alliierten Kommission Maßnahmen ergreifen.

Artikel 2.
a) Die Alliierte Organisation in Österreich besteht aus:
I. einem Alliierten Rat, bestehend aus vier Hochkommissaren, von denen je einer von jeder der Vier Mächte bestellt wird;
II. einem Exekutivkomitee, bestehend aus je einem Vertreter hohen Ranges der vier Hochkommissare;
III. den von jeder der vier einzelnen Mächte eingesetzten Stäben;
eine Organisation, die in ihrer Gesamtheit als Alliierte Kommission für Österreich bekannt ist.
b) I. Die Machtbefugnisse der Alliierten Kommission sollen in Angelegenheiten, die Österreich als Ganzes betreffen, vom Alliierten Rat oder vom Exekutivkomitee oder von den durch die Vier Mächte eingesetzten Stäben, die gemeinsam wirken, ausgeübt werden.
II. Die Hochkommissare haben innerhalb ihrer entsprechenden Zonen die Durchführung der Beschlüsse der Alliierten Kommission zu gewährleisten und die Durchführung der Anweisungen der österreichischen Zentralbehörden zu überwachen.
III. Die Hochkommissare haben weiterhin innerhalb ihrer entsprechenden Zonen zu gewährleisten, daß Maßnahmen der österreichischen Landesbehörden, die sich aus deren autonomer Stellung ableiten, nicht im Gegensatz zur Politik der Alliierten Kommission stehen.
c) Die Alliierte Kommission soll nur über die österreichische Regierung oder über andere entsprechende österreichische Behörden handeln, außer
I. um Recht und Ordnung aufrechtzuerhalten, falls die österreichischen Behörden dazu nicht imstande sind;
II. wenn die österreichische Regierung oder andere entsprechende österreichische Behörden die von der Alliierten Kommission erhaltenen Anweisungen nicht ausführen;
III. wenn die Alliierte Kommission im Falle einer der im nachfolgenden Artikel 5 aufgezählten Angelegenheiten direkte Maßnahmen ergreift.
d) Falls der Alliierte Rat keine Maßnahmen ergreift, können die vier verschiedenen Hochkommissare in jeder Angelegenheit, auf die sich Paragraph c, Absatz I und II, dieses Artikels und Artikel 5 beziehen, sowie in allen Angelegenheiten, bei denen ihnen hinsichtlich der nach Artikel 8, a, dieses Abkommens zu treffenden Übereinkunft die Macht übertragen ist, unabhängig in ihren entsprechenden Zonen Maßnahmen ergreifen.
e) Die Besatzungstruppen der Vier Mächte sollen ihre Standorte in den entsprechenden Besatzungszonen Österreichs und Wiens haben, so wie es in dem Abkommen über die Besatzungszonen von Österreich und die Verwaltung der Stadt Wien, das vom Beratenden Ausschuß für Europäische Angelegenheiten am 9. Juli 1945 unterzeichnet wurde, festgelegt ist. Beschlüsse des Alliierten Rates, die durchzuführen sind von den Besatzungstruppen, werden von diesen gemäß den Weisungen ihrer entsprechenden Hochkommissare durchgeführt.

Artikel 3.
Die vornehmlichsten Aufgaben der Alliierten Kommission für Österreich sind:
a) Die Einhaltung der Bedingungen der Erklärung über die Niederlage Deutschlands, die am 5. Juni 1945 in Berlin unterzeichnet wurde, in Österreich zu sichern.
b) Die Trennung Österreichs von Deutschland vollständig zu machen, die unabhängige Existenz und Integrität des österreichischen Staates aufrechtzuerhalten und bis zur endgültigen Festlegung seiner Grenzen die Unantastbarkeit derselben nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 zu sichern.
c) Die österreichische Regierung zu unterstützen, ein gesundes und demokratisches nationales Leben neu zu schaffen, gestützt auf eine wirksame Verwaltung, stabile wirtschaftliche und finanzielle Zustände und auf die Achtung vor Recht und Ordnung.
d) Die frei gewählte österreichische Regierung zu unterstützen, so bald wie möglich die volle Kontrolle der Staatsgeschäfte in Österreich auszuüben.
e) Die Aufstellung eines fortschrittlichen Erziehungsprogramms auf lange Sicht, das die Aufgabe hat, alle Spuren der Naziideologie auszumerzen und der österreichischen Jugend demokratische Grundsätze einzuprägen, zu sichern.

Artikel 4.
a) Um die volle Ausübung der Machtbefugnisse der österreichischen Regierung gleichmäßig in allen Zonen zu erleichtern und die wirtschaftliche Einheit Österreichs zu fördern, wird der Alliierte Rat vom Zeitpunkt der Unterzeichnung dieses Abkommens an die Aufhebung aller noch bestehenden Beschränkungen des Personen- und Güterverkehrs und anderen Verkehrs innerhalb Österreichs verwirklichen, mit Ausnahme solcher Beschränkungen, die vom Alliierten Rat besonders vorgeschrieben werden oder die in Grenzgebieten für die Aufrechterhaltung einer wirksamen Kontrolle des internationalen Verkehrs notwendig sind. Die Zonengrenzen werden dann keine andere Wirkung haben, als die Machtbereiche und die Verantwortlichkeit der entsprechenden Hochkommissare sowie die Standorte der Besatzungstruppen zu begrenzen.
b) Die österreichische Regierung kann eine Zoll- und Grenzverwaltung errichten, und die Alliierte Kommission wird Schritte einleiten, ihr, sobald dies möglich ist, die Zoll- und Reisekontrolle, soweit sie Österreich betreffen und nicht die militärischen Erfordernisse der Besatzungstruppen behindern, zu übertragen.

Artikel 5.
Im folgenden sind die Angelegenheiten angeführt, in denen die Alliierte Kommission direkte Maßnahmen ergreifen kann, so wie es im obigen Artikel 2, c, III, vorgesehen ist:
I. Entmilitarisierung und Entwaffnung (militärische, wirtschaftliche, industrielle, technische und wissenschaftliche).
II. Schutz und Sicherheit der alliierten Streitkräfte in Österreich und die Erfüllung ihrer militärischen Erfordernisse entsprechend des nach Artikel 8, a, zu treffenden Übereinkommens.
III. Schutz, Obsorge und Rückerstattung von Eigentum, das den Regierungen einer der Vereinten Nationen oder deren Staatsbürgern gehört.
IV. Die Verfügung über deutsches Eigentum gemäß den bestehenden Vereinbarungen zwischen den Alliierten.
V. Betreuung und Abtransport von Kriegsgefangenen und versetzten Personen sowie Ausübung der rechtlichen Gewalt über dieselben.
VI. Die Kontrolle des Ein- und Ausreiseverkehrs in Österreich, bis österreichische Reisekontrollen errichtet werden können.
VII. a) Ausforschung, Verhaftung und Auslieferung irgendwelcher Personen, die von einer der Vier Mächte oder vom Internationalen Gerichtshof für Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gesucht werden.
b) Ausforschung, Verhaftung und Auslieferung irgendwelcher Personen, die von anderen Vereinten Nationen wegen Verbrechen gesucht werden, die im vorhergehenden Absatz genannt sind, und die in den Listen der Kommission der Vereinten Nationen für Kriegsverbrechen enthalten sind.
Die österreichische Regierung wird weiter zuständig sein, alle anderen Personen, die solcher Verbrechen beschuldigt sind und unter ihre rechtliche Gewalt fallen, abzuurteilen, vorbehaltlich des Kontrollrechtes des Alliierten Rates hinsichtlich Verfolgung und Bestrafung solcher Verbrechen.

Artikel 6.
a) Alle legislativen Maßnahmen, so wie sie vom Alliierten Rat bestimmt sind, und internationale Abkommen, die die österreichische Regierung abzuschließen wünscht, ausgenommen Abkommen mit einer der Vier Mächte, sollen - bevor sie in Kraft treten oder im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden - von der österreichischen Regierung dem Alliierten Rat vorgelegt werden. Im Falle von Verfassungsgesetzen bedarf es der schriftlichen Zustimmung des Alliierten Rates, bevor ein solches Gesetz veröffentlicht werden und in Kraft treten kann. Im Falle aller anderen legislativen Maßnahmen und internationalen Abkommen darf angenommen werden, daß der Alliierte Rat seine Zustimmung erteilt hat, wenn er binnen einunddreißig Tagen nach Einlangen bei der Alliierten Kommission die österreichische Regierung nicht benachrichtigt, daß er gegen eine legislative Maßnahme oder gegen ein internationales Abkommen Einspruch erhebt. Solche legislative Maßnahmen oder internationale Abkommen können dann veröffentlicht werden und in Kraft treten. Die österreichische Regierung hat den Alliierten Rat über alle internationalen Abkommen in Kenntnis zu setzen, die sie mit einer oder mehreren der Vier Mächte geschlossen hat.
b) Der Alliierte Rat kann die österreichische Regierung oder die entsprechende österreichische Behörde jederzeit von seinem Einspruch gegen eine legislative oder Verwaltungsmaßnahme der Regierung oder einer solchen Behörde in Kenntnis setzen und verfügen, daß die betreffende Maßnahme rückgängig gemacht oder abgeändert wird.

Artikel 7.
Es steht der österreichischen Regierung frei, diplomatische und konsularische Beziehungen mit den Regierungen der Vereinten Nationen aufzunehmen. Die Aufnahme von diplomatischen und konsularischen Beziehungen mit anderen Regierungen bedarf der vorherigen Genehmigung des Alliierten Rates. Diplomatische Missionen in Wien haben das Recht, direkt mit dem Alliierten Rat in Verbindung zu treten. Beim Alliierten Rat akkreditierte Militärmissionen sollen, sobald ihre entsprechenden Regierungen diplomatische Beziehungen mit der österreichischen Regierung aufnehmen, zurückgezogen werden, jedenfalls jedoch binnen zwei Monaten nach der Unterzeichnung dieses Abkommens.

Artikel 8.
a) Ein weiteres Abkommen ist zwischen den Vier Mächten abzuschließen und der österreichischen Regierung so bald wie möglich und innerhalb von drei Monaten vom heutigen Tage zu übermitteln, durch das die Immunität der Mitglieder der Alliierten Kommission und der Truppen der Vier Mächte in Österreich umschrieben wird sowie die Rechte, die sie genießen werden, um ihre Sicherheit und ihren Schutz sowie die Erfüllung ihrer militärischen Erfordernisse zu sichern.
b) Bis zum Abschluß eines weiteren Abkommens, wie in Artikel 8, a, vorgesehen, bleiben die gegenwärtigen Rechte und die Immunität der Mitglieder der Alliierten Kommission und der Streitkräfte der Vier Mächte in Österreich, die entweder aus der Erklärung über die Niederlage Deutschlands oder aus der Machtvollkommenheit eines Oberstkommandierenden im Felde entspringen, unverändert in Kraft.

Artikel 9.
a) Mitglieder des Alliierten Rates, des Exekutivkomitees und Mitglieder der Stäbe, die von einer der Vier Mächte zur Alliierten Kommission berufen wurden, können sowohl Zivilisten als auch Militärangehörige sein.
b) Jede der Vier Mächte kann als ihren Hochkommissar entweder den Oberstkommandierenden ihrer Streitkräfte in Österreich oder ihren diplomatischen oder politischen Vertreter in Österreich einsetzen oder je nach Belieben einen anderen Funktionär ernennen.
c) Jeder Hochkommissar kann einen Stellvertreter bestimmen, der während seiner Abwesenheit für ihn die Agenden führt.
d) Ein Hochkommissar kann im Alliierten Rat von einem politischen Berater und/oder von einem militärischen Berater unterstützt werden, der entweder der diplomatische oder politische Vertreter seiner Regierung in Wien oder der Oberstkommandierende der Truppen seiner Regierung in Österreich sein kann.
e) Der Alliierte Rat tritt mindestens zweimal im Monat oder auf Wunsch eines der Mitglieder zusammen.

Artikel 10.
a) Die Mitglieder des Exekutivkomitees sollen, falls nötig, den Sitzungen des Alliierten Rates beiwohnen.
b) In Angelegenheiten, die ihm vom Alliierten Rate überantwortet werden, handelt das Exekutivkomitee im Namen des Alliierten Rates.
c) Das Exekutivkomitee hat dafür zu sorgen, daß die Beschlüsse des Alliierten Rates und seine eigenen Beschlüsse ausgeführt werden.
d) Das Exekutivkomitee hat die Tätigkeiten der Stäbe der Alliierten Kommission miteinander in Einklang zu bringen.

Artikel 11.
a) Die Stäbe der Alliierten Kommission in Wien setzen sich aus Abteilungen ("Divisionen") zusammen, die sich mit einem oder mehreren der österreichischen Ministerien oder Ämter decken, zusätzlich gewisser Abteilungen, die keinem österreichischen Ministerium oder Amt entsprechen. Eine Liste der Abteilungen ist im Anhang I zu diesem Abkommen gegeben; diese Einteilung kann vom Alliierten Rat jederzeit geändert werden.
b) Die Abteilungen sollen mit den entsprechenden Ämtern der österreichischen Regierung Fühlung aufrechterhalten und im Rahmen der Politik, die vom Alliierten Rat oder vom Exekutivkomitee angenommen wurde, handeln und Anordnungen treffen.
c) Die Abteilungen sollen dem Exekutivkomitee, wenn nötig, Bericht erstatten.
d) An der Spitze jeder Abteilung stehen vier Direktoren, einer für jede der Vier Mächte, die zusammen das Direktorium dieser Abteilung genannt werden. Direktoren der Abteilung oder deren Vertreter dürfen solchen Sitzungen des Alliierten Rates oder des Exekutivkomitees beiwohnen, in denen Angelegenheiten, welche die Arbeit ihrer Abteilung berühren, besprochen werden. Die vier Funktionäre, die als Direktoren der Abteilung handeln, können zeitweilig Unterausschüsse, wenn sie es für erwünscht halten, einsetzen.

Artikel 12.
Die Beschlüsse des Alliierten Rates, des Exekutivkomitees und anderer bestellter Körperschaften der Alliierten Kommission müssen einstimmig gefaßt werden.
Der Vorsitz im Alliierten Rat, im Exekutivkomitee und in den Direktorien soll turnusmäßig eingenommen werden.

Artikel 13.
Die bestehende Interalliierte Kommandantur in Wien, früher die "Kommandantura" genannt, soll weiterhin als das Organ der Alliierten Kommission in Angelegenheiten handeln, die Wien als Ganzes berühren, bis diejenigen ihrer Funktionen, die die zivile Verwaltung betreffen, der Gemeinde Wien übertragen werden können. Diese Funktionen sollen schrittweise und so schnell wie möglich übertragen werden. Die Art der Kontrolle, die dann angewendet werden wird, wird vom Alliierten Rat bestimmt werden. In der Zwischenzeit soll die Interalliierte Kommandantur die gleichen Beziehungen zu der Gemeindeverwaltung von Wien unterhalten wie die Alliierte Kommission zu der österreichischen Regierung.

Artikel 14.
Das vorliegende Abkommen wird mit heutigem Tage wirksam und soll in Kraft bleiben, bis es auf Grund einer Vereinbarung zwischen den Vier Mächten abgeändert oder aufgehoben wird. Mit dem Inkrafttreten des vorliegenden Abkommens verliert das Abkommen, welches vom Beratenden Ausschuß für Europäische Angelegenheiten am 4. Juli 1945 unterzeichnet wurde, seine Gültigkeit. Die Vier Mächte sollen nicht später als sechs Monate nach dem heutigen Tage bezüglich seiner Abänderung gemeinsame Beratungen aufnehmen.
Urkundlich dessen ist das vorliegende Abkommen im Namen jeder der Vier Mächte von ihren Hochkommissaren in Österreich unterzeichnet.
Gegeben am 28. Tag des Monates Juni 1946 zu Wien in vierfacher Ausfertigung, in Englisch, Französisch und Russisch, wobei jeder Text gleicherweise authentisch ist. Eine Übersetzung ins Deutsche soll von den vier Hochkommissaren genehmigt und von diesen so bald wie möglich der österreichischen Regierung übermittelt werden.
Für die Regierung des Vereinigten Königreiches
Generalleutnant J. S. STEELE
Für die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika
General Mark W. CLARK
Für die Regierung der Union der Sozialistischen Sowjet-Republiken
Generaloberst L. V. KURASSOW
Für die Regierung der Französischen Republik
Armee-Korps-General M. E. BÉTHOUART
Gazette of the Allied Commission for Austria, Control Agreement for Austria, Supplement 7 (June 1946), S. 21-25.

Quelle: zeit1.uibk.ac.at/quellen/eistere2.htm

Memorandum (1)

über die Ergebnisse der Besprechung zwischen der Regierungsdelegation der Republik Österreich und der Regierungsdelegation der Sowjetunion.
I.
Im Zuge der Besprechungen über den ehesten Abschluß des österreichischen Staatsvertrages in Moskau vom 12.-15. April 1955 wurde zwischen der sowjetischen und der österreichischen Delegation Einverständnis darüber erzielt, daß im Hinblick auf die von den Mitgliedern der sowjetischen Regierung - dem Herrn Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR und Außenminister der UdSSR W. M. Molotow und dem Herrn Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR A. I. Mikojan - abgegebenen Erklärungen, Herr Bundeskanzler Ing. Julius Raab, Herr Vizekanzler Dr. Adolf Schärf, Herr Außenminister Dr. h. c. Ing. Leopold Figl, Herr Staatssekretär Dr. Bruno Kreisky im Zusammenhang mit dem Abschluß des österreichischen Staatsvertrages für die Herbeiführung folgender Beschlüsse und Maßnahmen der österreichischen Bundesregierung Sorge tragen werden.

  1. Im Sinne der von Österreich bereits auf der Konferenz von Berlin im Jahre 1954 abgegebenen Erklärung, keinen militärischen Bündnissen beizutreten und militärische Stützpunkte auf seinem Gebiet nicht zuzulassen, wird die österreichische Bundesregierung eine Deklaration in einer Form abgeben, die Österreich international dazu verpflichtet, immerwährend eine Neutralität der Art zu üben, wie sie von der Schweiz gehandhabt wird.

  2. Die österreichische Bundesregierung wird diese österreichische Deklaration gemäß den Bestimmungen der Bundesverfassung dem österreichischen Parlament unmittelbar nach Ratifikation des Staatsvertrages zur Beschlußfassung vorlegen.

  3. Die Bundesregierung wird alle zweckdienlichen Schritte unternehmen, um für diese vom österreichischen Parlament bestätigte Deklaration eine internationale Anerkennung zu erlangen.

  4. Die österreichische Bundesregierung wird eine Garantie der Unversehrtheit und Unverletzlichkeit des österreichischen Staatsgebietes durch die vier Großmächte begrüßen.

  5. Die österreichische Bundesregierung wird sich für die Abgabe einer solchen Garantieerklärung durch die vier Großmächte bei den Regierungen Frankreichs, Großbritanniens und der Vereinigten Staaten von Amerika einsetzen.

  6. Die Bundesregierung wird nach Übergabe der deutschen Vermögenswerte in der sowjetischen Besatzungszone an Österreich Maßnahmen herbeiführen, die eine Überführung dieser Vermögenswerte in das Eigentum ausländischer Staatsangehöriger einschließlich juristischer Personen privaten oder öffentlichen Rechtes ausschließt. Ferner wird sie dafür Sorge tragen, daß gegen die bei den früheren USIA-Betrieben, bei den Betrieben der ehemaligen sowjetischen Mineralölverwaltung, der Aktiengesellschaft OROP und bei der DDSG Beschäftigten keine diskriminierenden Maßnahmen ergriffen werden.

II.
Die Herren Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR W. M. Molotow und A. I. Mikojan haben namens der Sowjetregierung im Hinblick auf die Erklärungen der österreichischen Regierungsdelegation folgende Erklärung abgegeben:

  1. Die Sowjetunion ist bereit, den österreichischen Staatsvertrag unverzüglich zu unterzeichnen.

  2. Die Sowjetregierung erklärt sich damit einverstanden, daß alle Besatzungstruppen der Vier Mächte nach Inkraftreten des Staatsvertrages, nicht später als am 31. Dezember 1955, aus Österreich abgezogen werden.

  3. Die Sowjetregierung hält die Artikel 6, 11, 15, 16-bis und 36(2) für überholt oder überflüssig und ist bereit, diese Artikel fallenzulassen. Sie ist überdies bereit, auch den Artikel 48-bis(3) bei gleichzeitigem Verzicht Österreichs auf die Forderungen an die Sowjetunion aus den sogenannten "zivilen Besatzungskosten" fallenzulassen. Sie wird überdies die österreichische Regierung in ihren Bemühungen, weitere mögliche Änderungen des Staatsvertragsentwurfes zu erreichen, unterstützen und solchen Änderungen zustimmen. Jedoch besteht Einverständnis darüber, daß durch Vorschläge zur Änderung des Vertrages die Verhandlungen zum Abschluß des Staatsvertrages zwischen den Vier Mächten und Österreich nicht unnötig verzögert werden sollen.

  4. Die Sowjetregierung ist bereit, die Deklaration über die Neutralität Österreichs anzuerkennen.

  5. Die Sowjetregierung ist bereit, an einer Garantie der Unversehrtheit und Unverletzlichkeit des österreichischen Staatsgebietes durch die Vier Großmächte - nach dem Muster der Schweiz - teilzunehmen.

III.
[hier folgen die wirtschaftlichen Abmachungen].

Zitiert nach Alfons Schilcher: Österreich und die Großmächte. Dokumente zur österreichischen Politik 1945-1955, Wien/Salzburg 1980, S 284 ff.

(1) Das "Moskauer Memorandum" wurde später in unterschiedlicher Form veröffentlicht, das hier zitierte war Arbeitsgrundlage des BKA/AA.
(2) Artikel 6, Einbürgerung und Aufenthalt von Deutschen in Österreich. Artikel 11, Kriegsverbrecher. Artikel 15, Wiederherstellung der Archive. Artikel 16-bis, Abtransport von Personen "deutschen Ursprungs".
(3) Artikel 48-bis, Anerkennung der Schulden Österreichs durch Leistungen der Besatzungsmächte seit dem 8. Mai 1945.

Quelle: zis.uibk.ac.at/