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Interview mit Momo (Pseudonym) am 10.10.2022 im Kreisky-Archiv.
Transkript Peter Wackerlig.

Momo

Dann fange ich gleich einmal mit der Sexualaufklärung an, die quasi nicht stattgefunden hat. Wie ich jung war, wir haben das alles so irgendwie erfahren, unter der Hand und nicht besonders, wie soll ich sagen, kompetent. Dann war es so, dass natürlich als junges Mädchen, die Pille war ja damals auch noch nicht offiziell erhältlich, auch wieder unter Hand. Mein damaliger Freund beziehungsweise später dann auch Ehemann und Ex-Ehemann, jetzt ist er inzwischen leider schon gestorben, hat mir die besorgt, und die hab ich genommen. Ich muss ehrlich sagen, ich war immer erleichtert, wenn endlich die Regel da war. Das war immer vorher ein Zittern, dann war sie da. Abreibung war natürlich überhaupt kein Thema, das war verpönt, aber ich hab von einigen damaligen Freundinnen beziehungsweise halt Bekannten gewusst, die in einer Notsituation waren. Das heißt, die waren schwanger und die haben sich dann, so wie Sie vorhin auch erwähnt haben, nach Kroatien und nach Ungarn begeben müssen. Ich war dann in einer ähnlichen Situation. Die Pille hab ich dann nicht mehr vertragen, ich hab dann sogar schon zwei Kinder gehabt, war dann wieder schwanger und wollte unbedingt kein Kind. Mein Mann auch nicht – nein, das wollten wir einfach nicht. Da war aber die Fristenlösung gerade erst im Entstehen, das muss wohl 1975 gewesen sein, und wir haben schon überlegt und uns erkundigt, wo man denn hinfahren könnte, um den Schwangerschaftsabbruch durchzuführen. Dann war es so, dass die Fristenlösung im rechten Moment gekommen ist. Es ist sich also gerade ausgegangen, es war wirklich eine große Erleichterung. Wobei ich sagen muss, die Behandlung im Krankenhaus war nicht sehr nett. Wie soll ich sagen, man hat wirklich das Gefühl gehabt, man hat da jetzt vorher ganz etwas Schlimmes getan und jetzt macht man noch was Schlimmeres, weil man dieses Kind nicht will. Ja, das war halt, kurz gesagt, meine Erfahrung. Ich muss sagen, ich bin dann noch einmal ungewollt schwanger worden und da war ich dann, wie heißt denn das, am Fleischmarkt, in dieser Ordination für Schwangerschaftsabbrüche, die sehr freundlich waren. Ich muss sagen, es hat natürlich auch viel Geld gekostet und es war gar nicht schön, dort überhaupt hineinzukommen, denn da sind die mit ihren Taferln gestanden, mit den Ungeboren und, weiß ich nicht, Mörderin – ganz unangenehm. Was ich natürlich besonders unpassend gefunden hab, wenn man das überhaupt so sagen kann, dass da auch Männer dabei waren. Mhm, die sind da mitgegangen. Es ist so ein bisschen ähnlich die Situation, glaube ich, jetzt in den USA, wo auch die Männer so laut schreien, dass das nicht sein darf, dass die Frauen ...

Steiner

Bei den Demonstranten, meinen Sie?

Momo

Ja, bei den Demonstranten.

Steiner

Ja, da sind Männer dabei, ganz fundamentalistische.

Momo

Genau, genau. Ich fände es also wirklich einen furchtbaren Rückschritt, wenn das wieder verboten werden würde und die Frauen wieder in solche Lagen gebracht werden, wie vorher. Das macht ja niemand, weil das so lustig ist, es hat eigentlich urlange gedauert, bis das irgendwie verarbeitet war. Wenn ich das jetzt vielleicht auch noch erzählen darf: Ich hab, das war so um 2000, meinen Vater begleitet, der ist damals sehr krank geworden, erst ein bisschen dement und dann ziemlich dement. Auf jeden Fall hab ich ihn begleitet, und das war eine sehr schwierige Situation, denn ich war gerade geschieden, hab einen neuen Job gehabt, und dann ist der Vater krank geworden. Das war sehr belastend. Da hab ich so eine Familienaufstellung gemacht, weil ich mir erhofft hab, da finde ich irgendwelche Lösungen für mein Problem. Das Interessante war, der Vater war dann überhaupt nicht mehr Thema, sondern Thema waren dann die quasi die abgetriebenen Kinder. Wobei, ich weiß nicht, was man davon halten soll, von solchen Dingen. Mir hat das jedenfalls damals trotzdem geholfen, obwohl der Vater dann nicht mehr das Thema war, sondern die abgetriebenen Kinder.

Steiner

Interessant.

Momo

Ja, schon interessant. Interessant war auch, dass sich quasi herausgestellt hat – ob das stimmt oder nicht, weiß ich nicht, nachprüfen kann man es sowieso nicht –, das war zweimal dasselbe Kind, das ich abgetrieben habe, und es war zweimal ein Mädchen. Also es war ein Mädchen.

Steiner

Ist das jetzt bei der Familienaufstellung? Aber mit zweimal dasselbe Kind, das verstehe ich jetzt nicht.

Momo

Na ja, einmal zurückgeschickt – das ist ein bisschen esoterisch –, dann noch einmal schwanger geworden. Das Kind ist also zurückgekommen und wollte eigentlich auf die Welt kommen.

Steiner

Ich hab das auch einmal überlegt, eine Familienaufstellung zu machen. Das war modern, das war eine Zeit lang ...

Momo

Das war so um die 2000er-Jahre, das war irgendwie modern.

Steiner

Ich hab auch das Buch gelesen von dem Pfarrer, glaube ich, oder irgendwer ...

Momo

Ich muss ehrlich sagen, das ist so lange her, es fällt mir nur jetzt ein. Nein, wer war denn das, der solche Familienaufstellungen gemacht hat?

Steiner

Da gibt es Therapeuten, die das anbieten, aber ich glaube, ursprünglich war das ein Pfarrer, der diese Methode entwickelt hat, wo man entweder Protagonist ist, oder ...

Momo

Ja, genau.

Steiner

Und Sie haben sich als Begleitung aufstellen lassen, oder Sie waren ...

Momo

Nein. Ja, ich war quasi als Betroffene. Es war ein bisschen eine schräge Geschichte, aber gut.

Steiner

Wegen dem Vater sind Sie hingegangen, und dann kommt so etwas raus?

Momo

Wegen dem Vater bin ich hingegangen, und dann sind diese Kinder zum Vorschein gekommen. Vielleicht war es auch deswegen: Das waren sehr junge Seminarleiter, sage ich jetzt einmal ...

Steiner

Sonderbar.

Momo

... die noch nicht viel Erfahrung gehabt haben, glaube ich, und die einen, wie soll ich sagen, nicht wirklich gut begleitet haben. Also das war nicht so ... Na gut, egal, ich hab es probiert. Ich hab es inzwischen vergessen, aber es ist mir nur jetzt eingefallen eben in Zusammenhang mit den ...

Steiner

Das Thema kann also irgendwie aufgehen?

Momo

Das kann aufgehen, ich glaube, es kann deswegen aufgehen, denn es hat ja nach diesen Abbrüchen keine Begleitung gegeben. Das war einfach dann vorbei, und jetzt schau, wie du damit zurecht kommst. Im Nachhinein habe ich mir gedacht, wirklich verwunderlich ist das nicht, dass es einem ziemlich lang danach schlechtgeht. Aber ich war durch meine zwei Söhne abgelenkt.

Steiner

Ja, das wäre jetzt eben die Frage des Zeitpunkts, wenn man das jetzt eingrenzen kann. Wenn Sie 1947 geboren sind: Wann haben Sie das erste Kind gekriegt?

Momo

Das erste Kind hab ich 1970 gekriegt, da war ich 23, und das zweite dann 1974.

Steiner

Ah, doch in kurzem Abstand.

Momo

Na ja, drei Jahre.

Steiner

Sie waren verheiratet?

Momo

Ich war verheiratet, ja.

Steiner

Sie sind die erste Interviewpartnerin, die verheiratet war, denn die anderen waren bis jetzt alle 17 oder 18 Jahre alt, also sehr, sehr jung.

Momo

Na ja, so jung war ich nicht mehr. Wie gesagt, ich glaube, es war 1975, bilde ich mir ein. Da war ich jetzt nicht mehr so jung, aber ich hab ziemlich lang gebraucht, um überhaupt erwachsen zu werden.

Steiner

Sie haben auch jung geheiratet?

Momo

Ja, mit 20. Mein Mann war ja noch jünger, der hat ja noch studiert. (Lacht.) Dazu war der sehr jung.

Steiner

Danke schön, zuerst einmal, aber jetzt gehen wir in die Tiefe. Sie konnten den Abbruch doch in Wien machen?

Momo

Ja.

Steiner

Wie haben Sie von der Möglichkeit erfahren oder mit wem haben Sie geredet?

Momo

Von der Möglichkeit erfahren, das war, glaube ich, öffentlich bekannt gemacht, dass es diese Möglichkeit gibt für Frauen, eine Schwangerschaft abzubrechen, soweit ich weiß. Ich war damals in der Semmelweisklinik, und der Schwangerschaftsabbruch war kostenlos. Das war richtig eine Krankenkassengeschichte dann, was natürlich auch eine Erleichterung war. Man hat halt die ganzen Demütigungen und die Unfreundlichkeiten in Kauf nehmen müssen. Ja, und was vielleicht auch interessant ist, man musste vorher ein Beratungsgespräch führen, warum und weshalb, und es war eigentlich das Ziel von diesem Gespräch, glaube ich, dass man seine Meinung ändert und dieses Kind bekommt. Also das war schon eine Hürde.

Steiner

Wo hat das Gespräch stattgefunden, oder wer hat das ...

Momo

Das kann ich mich nicht mehr so genau erinnern, ich glaube, das war in der Klinik.

Steiner

In der Klinik, vor dem Abbruch?

Momo

Vor dem Abbruch.

Steiner

Waren dann noch Tage zum Überlegen, oder wie ist das ...

Momo

Das Gespräch und danach der Abbruch, weiß ich nicht, da waren schon Tage dazwischen.

Steiner

Also eine Bedenkfrist sozusagen. Und wer hat das Beratungsgespräch geführt?

Momo

Ich muss ehrlich sagen, ich kann mich nicht mehr erinnern, ob das eine Ärztin war.

Steiner

Musste man da argumentieren, wie man zu dem Entschluss kommt?

Momo

Ja, man musste argumentieren, dass das ein wohl überlegter Entschluss ist und man musste auch irgendwie verständlich machen, dass man das Kind auf keinen Fall haben will. Da waren ja dann die Optionen: Na, dann kriegen Sie ruhig das Kind und geben Sie es zur Adoption frei. Das war auch ein Vorschlag. Das kommt natürlich nicht in Frage, das ist ja, weiß ich nicht ... Wahrscheinlich, wenn es schon zu spät für einen Abbruch ist, wird man sich vielleicht dazu entschließen. Ich weiß es nicht, aber das war überhaupt kein Thema. Auf jeden Fall war das eine große Erleichterung, und da bin ich Bruno Kreisky noch heute dafür dankbar, oder, weiß ich nicht, der Frau Dohnal; der sowieso in vielerlei Hinsicht, ja.

Steiner

Es ist interessant, weil Kreisky selber gar nicht so dafür war, aber die Frauen in der Partei haben ihn überzeugt, auch die älteren Genossinnen aus der Ersten Republik haben das gesagt, die haben ja viel mitgemacht. Das war ja ein Thema, sie haben es ja schon 1926 im Parteiprogramm gehabt, aber die Frauen in der Ersten Republik und im Krieg haben da natürlich einiges mitgemacht und haben sich auch erinnert und wollten eine Reform haben. Aber Kreisky wollte das Verhältnis zur katholischen Kirche nicht gefährden.

Momo

Ja, der Kreisky kommt ja eigentlich, wie soll ich sagen, aus dem Großbürgertum, sagen wir einmal so, und war sicher in manchen seiner Ansichten sehr konservativ, denke ich mir einmal. Obwohl er natürlich, weiß ich nicht, wie halt viele Männer und er auch ... Ich meine, der war verheiratet und hat dauernd irgendwelche Frauengeschichten so nebenbei gehabt. Das war kein Thema, also das hätte überhaupt niemand bereden wollen.

Steiner

Das hätte auch in der Presse keinen Widerhall gefunden, die Presse war damals auch ein bisschen anders.

Momo

Nein, nein, das war nicht.

Steiner

Wie haben Sie überhaupt die Zeit erlebt?

Momo

Oh Maria! Also erstens einmal, ich bin ja keine sogenannte 68erin, wie zum Beispiel Marianne, die ja einiges jünger ist als ich. Ich war in der Zeit damit beschäftigt, zwei Kinder großzuziehen und wenn möglich noch ein bissel zu arbeiten. Ich habe aber erst wieder zu arbeiten begonnen, als der Jüngere schon sechs Jahre alt war, das zu bewältigen und eine etwas schwierige Ehe. Ich war also politisch nicht sehr interessiert. Wir waren einfach beschäftigt.

Steiner

Darf ich fragen, was Sie beruflich gemacht haben? Wie war Ihr beruflicher Werdegang?

Momo

Ja, ich hab die HAK gemacht und nach der Matura eigentlich gleich begonnen, in verschiedensten Jobs zu arbeiten.

Steiner

In Wien?

Momo

In Wien.

Steiner

Sie sind also nur in Salzburg geboren?

Momo

Ich bin nur in Salzburg geboren, aber ich bin dann in Wien aufgewachsen, genau, und hab halt dann verschiedene Jobs gemacht. Das war ja damals noch leicht. Den einen wollte man nicht mehr, na gut, hat man was anderes gemacht. Zum Schluss war ich dann im Kulturservice tätig, und ganz zum Schluss, der letzte Job war dann im Wissenschaftsfonds. Ja, und dazwischen alles Mögliche.

Steiner

Nach der HAK-Matura. Interessant. Der jüngere Sohn ist dann in die Schule gekommen, und da haben Sie…

Momo

Wieder begonnen zu arbeiten.

Steiner

Da haben Sie dann aber Vollzeit gearbeitet, oder nicht?

Momo

Nicht gleich, nein, erst einmal so einen Halbtagsjob und dann wieder Vollzeit, wie der Kleinere auch schon halbwegs selbstständig war.

Steiner

Können Sie mir noch diese Zeit beschreiben? Wie haben Sie das erlebt? Sie haben gesagt, Sie waren keine 1968erin, weil Sie beschäftigt waren. Aber trotzdem: Wie haben Sie die Änderungen der Zeit wahrgenommen, welche Medien haben Sie konsumiert, oder was hat Sie beeinflusst? Vielleicht können Sie sich auch da ein bisschen zurückerinnern.

Momo

Na ja, Medien konsumiert: Ich kann mich erinnern, ich hab damals eigentlich hauptsächlich "Die Presse" gelesen und dann den "Standard", aber das war ja schon viel später, wie der das erste Mal erschienen ist. Was habe ich denn noch gelesen? "Die Zeit". Und ich war natürlich, wie sage ich das jetzt, eine "Ö1"-Hörerin der ersten Stunde, wenn das halt möglich war. Wenn ich sage, keine 68erin: Ich kann mich noch erinnern, da hat mich einmal eine Freundin in der Freundesrunde gefragt, was ich von den Demos in Paris, damals noch mit dem Cohn-Bendit, halte. Bei uns war das ja erst viel später, denn in Wien ist ja immer alles zehn Jahre später. Ich hab dazu überhaupt keine Meinung gehabt, keine Ahnung, was ist dazu sagen soll. Ja, die revoltieren, soll sein.

Steiner

Also das war eher eine studentische Bewegung? Das war nicht so. Wenn man arbeiten gegangen ist oder eben zu Hause war, hat man das gar nicht so mitgekriegt? Das kann ich mir eh ganz gut vorstellen.

Momo

Na, ich hab es halt nicht mitgekriegt, vielleicht viele andere schon, aber ich eigentlich ...

Steiner

Meine Mutter hat auch gesagt, sie hat nie Zeit gehabt für 1968.

Momo

Ich will jetzt nicht sagen, nichts, das wird Ihre Mutter wahrscheinlich auch sagen, ist auch nicht ganz richtig, aber ich hab nicht das Gefühl gehabt, dass mich das jetzt wahnsinnig betrifft. Was natürlich auch in der Kreiskyzeit war, Gott sei Dank: Ich kann mich erinnern, wie wir den ersten Haushaltsbogen ausgefüllt haben, da war noch auszufüllen, wer der Haushaltsvorstand ist. Mein damaliger Mann, der eine bisschen progressiver als ich und wahrscheinlich auch informierter war, hat gemeint, da schreiben wir aber jetzt uns beide hin. Das haben wir dann gemacht. Ich weiß nicht, ob die den dann weggeschmissen haben, keine Ahnung. Nur was ich erst im Nachhinein gewusst habe, war, dass eigentlich mein Mann mir verbieten hätte können, zu arbeiten. Das ist mir erst viel, viel später bewusst geworden. Das habe ich dann eigentlich schon ungeheuerlich gefunden und als einen großen Fortschritt, dass es nicht mehr so ist.

Steiner

Bis 1979.

Momo

Das muss man sich einmal vorstellen!

Steiner

Wobei das aber nicht zwingend war. Wenn es hart auf hart gegangen ist, hätte er das können, aber es haben sich, glaube ich, auch Ehepaare darauf geeinigt, dass man sich das miteinander ausmacht.

Momo

Ich hab das gar nicht gewusst. Das war überhaupt kein Thema. Ich hab es nicht gewusst.

Steiner

Darf ich fragen, was Ihr Mann studiert hat?

Momo

Architektur.

Steiner

Also sie waren junge Eltern, und er hat auf der Uni ein bisschen mehr mitgekriegt?

Momo

Ja, er hat generell mehr mitgekriegt. Wie soll ich sagen, ich bin ja mit meinen Geschwistern sehr abgeschirmt aufgewachsen, damals schon in Wien. Wir haben eigentlich überhaupt nichts gewusst, gar nichts, von den einfachsten Dingen nicht Bescheid gewusst, was man da machen kann oder machen soll oder machen muss. Dann waren wir halt erwachsen oder volljährig oder wie auch immer, noch nicht volljährig, und dann hätte man auf einmal alles wissen sollen, was natürlich nicht der Fall war. Also es war komisch. Aufs Leben vorbereitet sind wir überhaupt nicht worden. Oder auch die Idee, das ist jetzt mein Leben, und ich hab da irgendeinen Plan: Ich hab keinen Plan gehabt, es ist einfach so geworden.

Steiner

So unter dem Motto: Eines kommt zum anderen, und dann wird man schon sehen?

Momo

Ja, ungefähr so. Auch nicht die Idee, dass man vielleicht einen Plan haben könnte und sein Leben gestalten könnte. Das war nicht der Fall. Das hat sich dann auch gerächt.

Steiner

Inwiefern hat es sich gerächt?

Momo

Es hat sich insofern gerächt, als ich von einer Ehe oder von einer Partnerschaft irgendwie auch keine wirklichen Vorstellungen gehabt habe. Die Ehe von meinen Eltern war weder glücklich noch unglücklich, die waren halt verheiratet – und aus. Mein Vater war auch kein sehr treuer Ehemann. Ich hab dann, wie soll ich sagen, wie ein bisschen vernebelt bin ich in diese Ehe hineingegangen und dann hab ich eigentlich nicht wirklich gewusst, was mache ich jetzt, oder was machen wir jetzt, was machen wir mit dem. Mein Mann hat dann eher schon gewusst, was er machen möchte oder nicht möchte. Ich habe mir gedacht, das war so eine, wie soll ich sagen, naive, fast infantile Vorstellung, die Liebe währt eh ewig, also da kann gar nichts passieren. Das war natürlich nicht der Fall.

Steiner

Also das Versprechen haben Sie ernst genommen? War das ein Jungmädchentraum?

Momo

Na, das war einfach halt noch sehr konservativ, also man muss unbedingt verheiratet sein, denn sonst ist das, wie soll ich sagen: Man muss einen Mann haben, denn sonst geht es einem nicht gut.

Steiner

Aber in dieser Generation haben ja auch viele Leute geheiratet. Das war, glaube ich, der Nachkriegsboom und der Wunsch vieler Frauen.

Momo

Ja, eh.

Steiner

Und wann sind sie dann aufgewacht?

Momo

Na, aufgewacht bin ich eigentlich dann, wie es offensichtlich war, dass mein Mann nicht nur so Liebeleien, sondern wirklich eine Freundin gehabt hat. Das war die erste und dann war noch eine. Bei der ersten habe ich mir gedacht ... Dann war es so, dass er überhaupt nicht darüber reden wollte, und es war in meiner Wahrnehmung so offensichtlich, ich war beschäftigt mit den Kindern und im Haushalt arbeiten. (Spricht kurz über ihre Scheidung)

Steiner

Jetzt muss ich doch noch einmal fragen. Diese Möglichkeit, eine Schwangerschaft abzubrechen: Wie haben Sie das empfunden, beziehungsweise die Nichtmöglichkeit oder die Schwierigkeit?

Momo

Na, die Schwierigkeit war natürlich eine große Belastung und mit ganz viel Angst verbunden. Wie das dann möglich war, wie die Fristenlösung eben Gesetz geworden ist, war das eine unglaubliche Erleichterung.

Steiner

Und die Möglichkeiten der Verhütung? Wie sind Sie auf das draufgekommen, oder wie ist das damals abgelaufen? Ich habe einmal gehört, dass manche Ärzte nur verheirateten Frauen mit zwei Kindern die Pille verschrieben haben.

Momo

Ich habe die Pille die ersten Jahre ja nicht vom Arzt verschrieben gekriegt, sondern die hat mein damaliger Freund, späterer Mann, mir besorgt. Ich muss ehrlich sagen, ich hab das überhaupt nicht hinterfragt. Ich hab überhaupt nichts gefragt, ich hab die genommen und aus, hab sie aber nicht besonders gut vertragen. Dann sind eh die Kinder gekommen. Dann hab ich die Pille nicht mehr genommen, sondern ich habe versucht, mit diesen diversen Rechenmodellen eine Schwangerschaft zu verhindern. Das ist dann eigentlich nicht wirklich gelungen. Ja, so war das.

Steiner

Was gab es damals noch für Möglichkeiten?

Momo

Ja, die Knaus-Ogino-Methode war es, Spirale habe ich gehabt, die hab ich sogar eine Zeit lang gehabt. Das weiß ich jetzt gar nicht mehr, kann sein. Es hat ja damals kaum Frauenärztinnen gegeben, das waren ja eigentlich immer nur Männer. Ich glaube, die überwiegende Zahl von Gynäkologen ist immer noch männlich, also Gynäkologinnen gibt es eher weniger.

Steiner

Darf ich noch fragen, diese Stimmung, die Sie beschrieben haben, diese Angst: Inwiefern hat das das Leben von Frauen vor 75 geändert, geprägt? Wie kann man sich das vorstellen, wenn es jetzt darum geht, zu beschreiben, in welche Zeit und in welchen Umständen junge Frauen gelebt haben? Wie würden Sie das jetzt im Vergleich zu heute beschreiben? Was ist der Unterschied?

Momo

Na ja, der Unterschied ist, glaube ich, erstens einmal, obwohl, da bin ich mir auch nicht so sicher, dass ich halt hoffe, dass die jungen Mädchen oder die jungen Frauen einfach besser Bescheid wissen. Denn das war damals immer, wie ich jung war, jetzt abgesehen von der Pilleneinnahme, so: Hoffentlich bin ich nicht schwanger und hoffentlich kommt die Regel. Wenn die dann nicht pünktlich gekommen ist, dann war das schon wirklich ein großes Drama und eine Belastung. Aber so ähnlich ist es vielen gegangen in meiner Generation.

Steiner

Also die Angst vor Schwangerschaft praktisch als Dauerzustand?

Momo

Ja, eigentlich schon, das war schon sehr bestimmend.

Steiner

Also jedes Monat froh sein?

Momo

Ja quasi, ja, genau.

Steiner

Das stelle ich mir aber schon vor, dass einen das recht klein gehalten hat. Angst ist ja etwas, das einen sehr lähmen kann. Haben Sie das auch so empfunden?

Momo

Na, ob ich das damals so empfunden hab, weiß ich nicht, ich hab nur gewusst, dass die Erleichterung dann kommt, wenn die Blutung einsetzt. Wenn es berechtigte Sorge für eine Schwangerschaft gegeben hätte, das war schon ...

Steiner

Können Sie mir noch etwas über die Kanäle erzählen? Was haben Sie über Frauen in der Zeit gewusst, denn Sie haben es ja als 1947 Geborene noch erlebt? Was haben die Frauen gemacht, wenn sie ungewollt schwanger waren? Haben Sie das mitgekriegt oder wurde da gar nicht darüber gesprochen?

Momo

Ich kann mich nicht erinnern, dass darüber gesprochen wurde, weiß ich nicht. Es ist ja bei mir so gewesen, dass meine Mutter ja eine Anzahl von Abtreibungen hinter sich hatte, die damals eigentlich wirklich ziemlich brutal waren.

Steiner

Hat Sie Ihnen davon erzählt?

Momo

Nein, das haben wir irgendwann so mitgekriegt, wenn wir alt genug waren.

Steiner

Dass das mehrfach ... Wissen Sie, wie die Frauen damals getan haben, was die Methoden waren?

Momo

Na, die haben ... Soweit ich weiß, hat meine Mutter dann schon immer einen Arzt gefunden, der das gemacht hat, aber jetzt ohne Narkose oder so, sondern ziemlich brutal eigentlich. Ich glaube, meine Mutter hat ja auch ständig in der Angst gelebt, schwanger zu sein. Nach vier Kindern wollte sie eigentlich nicht mehr. Wobei es so war: Erst waren meine Schwester und ich, wir sind drei Jahre auseinander. Dann war lang nichts, nämlich sieben Jahren, und dann ist ein Bruder gekommen, und dann noch einer, und dazwischen, nehme ich an, waren einige Abtreibungen.

Steiner

Aber es ist interessant, das führt uns vielleicht dann auch wieder zu dem, was Sie erzählt haben, zu dieser Konstellation oder Familienaufstellung. Da geht es ja oft um diese Tabus, über dieses Wissen, dass Kinder und Hunde alles wissen, wie man sagt, also dass das sozusagen, obwohl Sie sagen, es ist nicht über Sexualität gesprochen worden ...

Momo

Aber sie war dauernd da.

Steiner

Aber sie war dauernd da, genau. Aufklärung beinhaltet ja nicht nur Sexualaufklärung, beinhaltet ja auch das Umgehen mit dem Körper, also das Körpergespür. Ist da irgendetwas geredet worden?

Momo

Eigentlich nicht. Ich kann mich erinnern, wie ich das erste Mal die Regel gekriegt habe, war ich relativ jung, ich glaube zwölf, dann eine Zeit lang nicht mehr, und dann weiß ich nicht mehr, mit wie vielen Jahren. Das hab ich meiner Mutter erzählt, ich hab schon gewusst, was das ist. Der Kommentar von meiner Mutter war, damals war ich zwölf, hat sie gesagt: Jetzt bist du eine Frau. Ich hab überhaupt nicht gewusst, was soll das jetzt heißen. Ja, und?

Steiner

Wurde auch nicht weiter gesprochen?

Momo

Nein, damit war es erledigt.

Steiner

Aber eigentlich könnte man ja sagen: Was heißt das? Aber das wurde einfach hingenommen?

Momo

Ja, ja, freilich. Jetzt bist du eine Frau, und damit war das Thema wieder erledigt. Ich war dann vielleicht zwei Jahre eine Frau. Die Regel war halt das eine Mal und dann eben lang nicht mehr und dann wieder. Ja, so war die Erklärung von meiner Mutter.

Steiner

Interessant. Aber trotzdem haben die Leute ja doch ihre Sexualität gelebt?

Momo

Ja, aber ich glaube, die meisten Frauen immer in Angst, jedenfalls war es bei mir so.

Steiner

Wie war das eigentlich für die Männer, die waren ja auch beteiligt? Haben die nicht so viel Angst gehabt? Wie war das?

Momo

Ich glaube, die Männer haben jetzt überhaupt nicht, wie soll ich es sagen, die sind ja nicht schwanger geworden. Oft war ja die Lösung dann die, wenn die Frau oder das Mädchen schwanger geworden ist, dann hat es halt geheißen: Na gut, jetzt müsst ihr heiraten, und das war ja immer schon ein Drama in Wirklichkeit, denn meistens waren das ja junge Burschen, die wollten jetzt nicht unbedingt eine Familie und Vater sein und Frau und Kind haben. Also da ist schon viel danebengegangen, ja.

Steiner

Also die wurden sozusagen beim Pflichtgefühl gepackt?

Momo

Ja, und eigentlich gezwungen. Oder sie haben sich abgeseilt oder sie haben gesagt, ich bin nicht der Vater. Damals war ja noch kein DNA-Test möglich.

Steiner

Ja, das hab ich mich unlängst aber auch einmal gefragt: Wie ging das eigentlich, wenn ein Mann die Vaterschaft nicht anerkannt hat? Bist du da übergeblieben?

Momo

Ja, eigentlich schon.

Steiner

Also das konnte man zwar angeben, aber nicht durchsetzen?

Momo

Nein, also soweit ich weiß, nein.

Steiner

Wie war der Status von unehelichen Müttern in Ihrer Generation?

Momo

Ich muss ehrlich sagen, gekannt hab ich keine. Ich hab keine gekannt. Aber das wird wahrscheinlich so ähnlich sein, wie soll ich sagen, wie der Status von Alleinerziehenden noch immer ist. Also wurscht, wie jetzt das Kind oder die Kinder zustande gekommen sind, sie bleibt auf jeden Fall über. Es gibt ja nur wenige Männer, die da die Verantwortung wirklich auf sich nehmen. Jetzt wahrscheinlich schon mehr als früher, aber es gibt sicher immer noch genug, die sagen, es geht mich nichts an und bestenfalls halt zahlen.

Steiner

Ich glaube, in der Gesetzgebung hat sich da schon einiges geändert mit dieser gemeinsamen Obsorge. Es kommt halt auch darauf an, wie der Status zwischen den beiden sich Trennenden ist, wie man die Kinder versorgt.

Momo

Genau.

Steiner

Aber es ist, glaube ich, nicht mehr so selbstverständlich, dass die Frau die Kinder zugesprochen kriegt, wie das vor 20 Jahren noch war.

Momo

Nein, das glaube ich nicht, aber ich glaube, es gibt immer noch weniger alleinerziehende Männer als alleinerziehende Frauen. Ich glaube auch nicht, dass es für die Männer leichter ist. Warum soll das leichter sein, wenn du ein Kind allein aufziehst? Es ist natürlich so, dass die Mütter, wie soll ich sagen, die ihre Kinder nicht aufziehen, sondern sie dem Vater überlassen, auf jeden Fall ein ganz schlechtes Image haben. Hingegen ist das bei Männern jetzt nicht so.

Steiner

Das sind die Helden. Ja, das stimmt, die kriegen da gleich einen Heiligenschein umgehängt.

Momo

Ja, quasi.

Steiner

Ich habe da meinen Interviewleitfaden. Sie haben jetzt schon sehr viel gesagt, aber wenn ich das richtig verstanden haben, haben Sie über die Möglichkeit, einen Abbruch machen zu lassen, über die Medien erfahren.

Momo

Ich glaube schon.

Steiner

Und der Eingriff selber war in der Semmelweiskinik. Haben Sie da eine Narkose gekriegt?

Momo

Ja. Also Narkose, wie nennt man denn das, Narkose war es eigentlich keine, so ein Beruhigungsspritze halt, dass man nicht zappelt.

Steiner

Wie ist das eigentlich, wie haben Sie das damals gemacht? War das eine Kürettage?

Momo

Ja. Ich muss sagen, das waren jetzt nicht wahnsinnige Schmerzen, das könnte ich gar nicht sagen, aber es war halt unangenehm.

Steiner

Hat man dann eine Nacht dortbleiben müssen?

Momo

Nein.

Steiner

Einfach zusammengepackt und gegangen?

Momo

Genau.

Steiner

Und der Unterschied war aber doch wesentlich zu dem späteren Abbruch am Fleischmarkt?

Momo

Na, erstens einmal, wie gesagt, war das aber auch relativ teuer. Das hat damals die gleiche Ärztin gemacht, die in der Semmelweisklinik die Schwangerschaftsabbrüche durchgeführt hat. Nur man ist dort, wie soll ich sagen, einfach halt wie ein Mensch mit einem Problem behandelt worden und nicht wie eine Verbrecherin.

Steiner

Das heißt, im öffentlichen Spital gab es zwar auf der Gynäkologie die Möglichkeit, nach einer Anmeldung ...

Momo

Gespräch.

Steiner

... das kostenfrei oder kostenlos durchführen zu lassen?

Momo

Ja, genau.

Steiner

Und trotzdem: Wissen Sie, wann ist denn dieses Ambulatorium dann gegründet worden?

Momo

Am Fleischmarkt?

Steiner

Ja. Gab es das immer schon so zweispurig?

Momo

Nein, das glaube ich nicht, das muss später gewesen sein. Das muss dann gewesen sein, wie der Schwangerschaftsabbruch eben legal war. Vorher hat es das nicht gegeben, nicht dass ich wüsste.

Steiner

Aber Ihr Abbruch war sicher nach 1975, sagen Sie? Der 1.1.1975 war der Stichtag.

Momo

Genau, also kurz nachdem es legal war, ist dieser Abbruch durchgeführt worden. Soviel ich weiß, war die Semmelweisklinik die einzige, die das gemacht hat. Ich weiß von keiner anderen, aber vielleicht bin ich da auch nicht ausreichend informiert.

Steiner

Na eben, deswegen ist ja immer die Frage, woher die Frauen ihre Informationen bekommen haben. Es gab eben die Möglichkeit, in die Ostblockländer zu fahren. Das war immer auch ein bisschen eine Termingeschichte. Es dürfte vor 1975 in Wien auch Ambulatorien und Ärzte gegeben haben, die das gemacht haben, aber das Interessante ist eben: Wie wurde gesprochen, wie hat man es erfahren? Deswegen interessiert uns das so.

Momo

Na ja, das mit der Fristenlösung war schon über die Medien. Es war vorher die Diskussion, das hat man ja auch mitgekriegt. Wie das jetzt genau war, weiß ich eigentlich nicht mehr, das ist so lange her.

Steiner

Bei Ihrem Eingriff selber: Mit wem haben Sie darüber reden können außer mit Ihrem Mann, der die Entscheidung ja auch mitgetragen hat?

Momo

Na ja, reden hab ich eigentlich sonst mit niemandem können.

Steiner

Mit Freundinnen auch nicht?

Momo

Ich glaube nicht.

Steiner

Was war für Sie am Belastendsten, Bedrohlichsten, Schwierigsten, Unangenehmsten in diesem Zusammenhang? Das Interview, also das Gespräch vorm Abbruch?

Momo

Das Gespräch vor dem Abbruch und dann auch die Angst, dass aufgrund dieses Gesprächs der Abbruch nicht durchgeführt wird. Das war eigentlich schon eine große Angst, da ist alles andere in den Hintergrund getreten.

Steiner

Stelle ich mir das so wie eine Prüfungssituation vor, dass da wirklich auf Herz und Nieren geprüft wurde, ob Sie das Kind ...

Momo

Na ja, man hat schon argumentieren müssen, warum man das jetzt macht und warum man dieses Kind nicht zur Welt bringen will. Es gibt so viele Unterstützungsmöglichkeiten, was ja alles nicht stimmt, und es war mir auch wurscht. Ich wollte keine Unterstützungsmöglichkeiten, ich wollte dieses Kind nicht kriegen.

Steiner

Sie haben ja auch gewusst warum, Sie haben ja auch gewusst, was es heißt, ein Kind zu kriegen.

Momo

Ja, ich hab schon meine zwei Söhne gehabt und eigentlich hab ich mir gedacht, das ist irgendwie genug.

Steiner

Aber dass man trotzdem eine erwachsene, volljährige Frau so verunsichern kann, das ist doch jetzt retrospektiv gedacht auch wieder ...

Momo

Wissen Sie, es war einfach so. Das hast du gewusst. Erst einmal musst du das über dich ergehen lassen und wenn du ein Glück hast, sagen die: na gut, darf sein. Wahrscheinlich hat es junge Frauen gegeben, die widerspenstiger oder besser informiert oder einfach gescheiter waren.

Steiner

Aber das Gespräch hat Sie so gestresst, dass Sie Angst gehabt haben, dass das nicht ...

Momo

Ja, genau.

Steiner

Wissen Sie von Frauen, denen die Abtreibung dann verwehrt worden ist, oder war das ein Einschüchterungsversuch?

Momo

Nein, weiß ich eigentlich nicht, ich glaube, das war einfach ein Einschüchterungsversuch. Das war dann so, bevor dieser Eingriff stattgefunden hat, hat man sich halt hinlegen müssen und hatte dieses dings. Ich war sehr aufgeregt, ich hab dann immer noch befürchtet, dass das Ganze nicht stattfinden wird. Da hat eine von den Krankenschwestern gesagt: Na, wenn Sie so aufgeregt sind, dann geht das überhaupt nicht, dann können wir diesen Abbruch nicht machen. Und das in der Situation! Ich hab mir gedacht: Musst du jetzt sterben, sofort?

Steiner

So eine Angst haben Sie gehabt?

Momo

Mhm.

Steiner

Wahnsinn, oder?

Momo

Ja, da war niemand, der gesagt hätte: Jetzt brauchen Sie sich nicht fürchten, oder das geht schon, das ist gleich vorbei oder irgendwas. Gar nichts, nichts!

Steiner

Wahnsinn.

Momo

Ja, das möchte ich für niemanden.

Steiner

Ist das auch der Grund, warum Sie das Interview geben, um sozusagen zu appellieren?

Momo

Wissen Sie, das ist irgendwie interessant, denn bevor Marianne mich angerufen hat und gesagt hat, dass Sie Zeitzeuginnen suchen, ist mir das immer wieder eingefallen. Warum weiß ich eigentlich nicht, wahrscheinlich in Zusammenhang mit Kreisky, der ja jetzt von allen seinen Affären und Schwächen abgesehen wirklich ein großartiger Politiker war und dauernd irgendwo zitiert worden ist. Dann ist mir das wieder eingefallen.