Fluchtpunkt Wien > Polen
Polen
Polen hatte ab Mitte der 1970er Jahre mit einer sich stetig verschlechternden Versorgungslage der Bevölkerung zu kämpfen. 1980 führten massive Preiserhöhungen für Fleisch zu Streiks, die in der Gründung der unabhängigen Gewerkschaft "Solidarność" durch den Arbeiterführer Lech Wałęsa und der Besetzung der Danziger Leninwerft gipfelten. Die Ausrufung des Kriegsrechts im Dezember 1981 und die Verhaftung Wałęsas sowie zahlreicher "Solidarność"-Mitglieder zerstörte die Hoffnungen auf friedliche Reformen im kommunistisch regierten Polen.
Rund um den Jahreswechsel 1981/82 flohen zwischen 120.000 und 150.000 PolInnen nach Österreich. Der Großteil wurde nach einer Erstregistrierung im Flüchtlingslager Traiskirchen in Gasthöfen und Pensionen strukturschwacher ländlicher Regionen untergebracht. Österreich verstand sich zu diesem Zeitpunkt noch immer in erster Linie als Transitland: Die meisten der bis dahin angekommenen Flüchtlinge hatten nach ihrer Erstversorgung Ausreiseanträge in die klassischen Auswanderungsländer USA, Kanada und Australien gestellt. Zu Beginn der 1980erJahre war die Anerkennungsrate zur Gewährung politischen Asyls für Flüchtlinge aus kommunistischen Staaten in Österreich mit 70 bis 80 Prozent deshalb noch überaus hoch gewesen. Nachdem sich jedoch die Aufnahmekriterien der klassischen Auswanderungsländern verschärft hatten, stellten immer mehr Flüchtlinge Asylanträge in Österreich, wo angesichts der Polenkrise bald Stimmen laut wurden, die eine restriktivere Asylpolitik forderten. 1983 wurden erste Überlegungen zur Senkung der Flüchtlingsquoten angestellt.