Macht Politik Entscheidung > Autoritärer "Ständestaat"
Mit der "Selbstauflösung" des Nationalrats am 4. März 1933 endete die parlamentarische Demokratie der Ersten Republik. Anlässlich einer Abstimmung über einen Eisenbahnerstreik legten alle drei Nationalratspräsidenten ihr Amt nieder, um ihre Stimme als Abgeordnete abgeben zu können. Bundeskanzler Dollfuß nützte die Handlungsunfähigkeit des Parlaments, um auf der Grundlage des kriegswirtschaftlichen Ermächtigungsgesetzes mit Notverordnungen zu regieren. In weiterer Folge wurde die kommunistische und nationalsozialistische Opposition ausgeschaltet und die Vaterländische Front als neue Einheitsbewegung errichtet. In enger Anlehnung an Mussolinis Faschismus sollten Klassen- und Parteigrenzen aufgehoben und durch eine Ordnung der Berufsstände ersetzt werden. Grundlagen für dieses Programm waren neben dem "Korneuburger Eid" der Heimwehren 1930 die Tradition des politischen Katholizismus, der sich auf die päpstliche Enzyklika "Quadragesimo Anno" stützte, in der Papst Pius XI. eine "Zusammenarbeit der Stände" vorsah.
Der Bürgerkrieg 1934
Am 12. Februar 1934 eskalierte die Situation, die durch die Unterdrückung der demokratischen Opposition hervorgerufen worden war; bei einer polizeilichen Durchsuchung im Linzer Hotel "Schiff" kam es zum bewaffneten Widerstand der Schutzbündler, in den Industriezentren wurde zum Generalstreik und zum Aufstand aufgerufen. In Wien entbrannten Kämpfe um Gemeindebauten wie den Karl-Marx-Hof in Heiligenstadt oder den Sandleitenhof, aber auch um andere sozialdemokratische Zentren wie das Ottakringer Arbeiterheim in der Thaliastraße. Bis zum 15. Februar war der Aufstand von Polizei und Bundesheer niedergeschlagen. Die Führung des Schutzbundes war uneins, der Generalstreik fand nicht statt, vor allem die Eisenbahn war nicht blockiert, was dem Bundesheer den Einsatz erleichterte. Schlussendlich waren über 300 Tote und 700 Verletzte zu beklagen; verhaftete Schutzbündler wurden standrechtlich verurteilt und hingerichtet, darunter die Wiener Georg Weissel und Karl Münichreiter, der trotz seiner schweren Verletzungen zum Galgen geführt wurde. Das Schicksal Münichreiters wurde ein Teil der Tradition des Widerstandes gegen Faschismus und Totalitarismus.
Der Niederlage im Februar folgte das Verbot der SDAP, die Konfiszierung des Parteieigentums und die Emigration eines Teils der Parteiführung nach Brünn, von wo aus wöchentlich die "Arbeiter-Zeitung" gedruckt wurde, um dann über die Grenze nach Österreich geschmuggelt zu werden.
Vom Ständestaat zum Anschluss
Am 1. Mai 1934 wurde die neue, "ständische" Bundesverfassung ausgerufen – der "Ständestaat" nahm immer autoritärere Züge an, und in Anlehnung an Italien wurde von der linken Opposition der Begriff "Austrofaschismus" geprägt. Gleichzeitig wuchs der Druck der illegalen Nationalsozialisten und Hitler-Deutschlands. Nach der Ermordung von Engelbert Dollfuß 1934 musste sich sein Nachfolger Kurt Schuschnigg den Ultimaten Hitlers beugen. Mussolinis Hilfe blieb aus, der "Anschluss" an das nationalsozialistische Deutschland und das Ende eines unabhängigen österreichischen Staates war unausweichlich.