Macht Politik Entscheidung > NS-Vergangenheit
An der Entnazifizierung in Österreich unmittelbar nach Kriegsende waren die Alliierten sowie österreichische Behörden beteiligt, ab 1946 lag die Verantwortung dafür bei der österreichischen Verwaltung. Die Entnazifizierungsmaßnahmen umfassten die Registrierung von NSDAP-Mitgliedern, die Erteilung von Berufsverboten, die Entziehung von politischen Rechten und die Bestrafung nationalsozialistischer Verbrechen. Grundlage der Maßnahmen bildeten die Entnazifizierungsgesetze von 1945. Betroffen waren davon etwa 540.000 NS-Mitglieder in Österreich. Mit der 1947 eingeführten Unterscheidung zwischen "Belasteten" und "Minderbelasteten" begann die Rehabilitierung von so genannten Mitläufern, also von Personen, die lediglich Parteimitglieder oder -anwärterInnen gewesen waren, ohne bestimmte Funktionen inne gehabt zu haben. Die Stimmen der rund 500.000 als minderbelastet eingestuften und wieder wahlberechtigten Personen waren bei der Nationalratswahl 1949 von allen zur Wahl angetretenen Parteien heftig umworben; besonders der neu gegründete Verband der Unabhängigen (VdU) präsentierte sich als Interessenvertretung der ehemaligen Nationalsozialisten. Die letzte von mehreren Amnestien vom 14. März 1957 beendete die Maßnahmen gegen die ehemaligen Nationalsozialisten, auch die Belasteten.
Emigration und Rückkehr
Etwa 120.000 Menschen jüdischer Abkunft mussten ab 1938 Österreich auf der Flucht vor den Nationalsozialisten verlassen, unter ihnen der spätere Bundeskanzler Bruno Kreisky. Er war sowohl wegen seiner Abstammung als auch wegen seinen politischen Aktivitäten als Sozialdemokrat bedroht. Die Nazionalsozialisten hatten die Verfolgungen, denen insbesondere SozialdemokratInnen und KommunistInnen während des ständestaatlichen Regimes ausgesetzt waren, noch intensiviert.
Mit der Hilfe von SozialdemokratInnen im Ausland gelang Kreisky die Emigration nach Schweden. Dort war er Vorsitzender der "österreichischen Vereinigung in Schweden". Allgemein war die politische Arbeit in den Exilländern von starker Gegnerschaft zwischen den beiden neben den LegitimistInnen zahlenmäßig stärksten Gruppierungen der SozialdemokratInnen/SozialistInnen und KommunistInnen geprägt. Aus diesem Grund, aber auch wegen mangelnder Unterstützung der Alliierten Mächte kam keine einheitliche österreichische Exilvertretung zustande.
Nach 1945 kehrten nur einige Tausend EmigrantInnen nach Österreich zurück, das antisemitische Klima, das bereits vor 1938 geherrscht hatte, ließ viele an einer erfolgreichen Existenz in Österreich zweifeln. Hindernisse wurden auch politisch Verfolgten, beispielsweise den exilierten Funktionären der SPÖ, in den Weg gelegt. Der erstarkte rechte Flügel innerhalb der Partei setzte sich nur wenig für die Rückholung der vorwiegend jüdischen und als austromarxistisch geltenden EmigrantInnen ein. Bruno Kreisky sowie Oscar Pollak, der Chefredakteur der "Arbeiter-Zeitung", stellten Ausnahmen dar.
KZ- und Widerstandsgruppen in der Zweiten Republik
Die österreichischen Widerstandskämpfer und -kämpferinnen erlangten nach Kriegsende, auch wegen der Verknüpfung von Widerstand mit einem neu entwickelten Österreichbewusstsein, hohes Ansehen. Gegenüber dem Ausland wurden ihre Leistungen in Bezug auf die Moskauer Deklaration und in Hinblick auf den Staatsvertrag hervorgehoben; politisch jedoch wurden sie von den wieder etablierten Parteien und von den Alliierten marginalisiert. Die Widerstandskämpfer und -kämpferinnen und KZ-Häftlinge organisierten sich in Interessensgruppen. Der 1945 gegründete einheitliche KZ-Verband und der Häftlingsverband waren nach dem Proporzsystem strukturiert und wurden von Vertretern der SPÖ, der ÖVP und der KPÖ geleitet. Die beiden Verbände spalteten sich 1949 in Parteiverbände, die sich 1968 unter dem Dach der "KZ-Verbände und Opferorganisationen" zusammen schlossen. Heute gehören dazu der "Bund der Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer und Opfer des Faschismus", die "ÖVP-Kameradschaft der politisch Verfolgten und Bekenner für Österreich" sowie der "Verband der österreichischen AntifaschistInnen, WiderstandskämpferInnen und Opfer des Faschismus" (KZ-Verband). Ferner bildeten sich Lagergemeinschaften der jeweiligen Konzentrationslager. Weitere Organisationen sind die 1950 gegründete österreichische Widerstandsbewegung sowie das 1963 gegründete Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Beide sahen und sehen ihre Aufgabe in der Wahrung der österreichischen nationalen Identität und in der politischen antifaschistischen Aufklärung in den Schulen und der allgemeinen Öffentlichkeit. Das siebente Dokument auf dieser Seite erläutert die Entwicklung dieser Organisationen bis Ende der 1970er Jahre.